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Trauer sichtbar machen – Die 1. Trauerbank Lippes
Jeden Mittwochnachmittag legen Ute Kiel und ihre Kolleg*innen vom ambulanten Hospiz- und Palliativdienst Lippe Kissen mit Sonnenblumen-Logo auf eine Parkbank in der kleinen Passage zwischen Café Cup und Alter Synagoge. Die Aufschrift: Meine Trauerbank. Die Idee ist simpel – und dringend nötig. „60 Prozent der Deutschen finden, die Gesellschaft setze sich zu wenig mit Tod und Trauer auseinander“, erklärt Moderator Tom Flügge zu Beginn der neuen Folge von „mein detmold – der Stadtpodcast“. Weniger als die Hälfte der Bevölkerung habe ihre letzten Wünsche schriftlich fixiert.
Genau diese Hemmschwelle soll die Trauerbank senken. „Trauernde sind ganz sensibel … Viele fragen sich: Mit wem kann ich sprechen, ohne jemanden zu belasten?“, schildert Projektinitiatorin Ute Kiel. Statt eines geschlossenen Trauercafés bietet sie nun ein öffentliches, kostenfreies Gesprächsangebot. Die Bank ist bis September jeden Mittwoch von 15:30 bis 17:00 Uhr besetzt – bei gutem Wetter.
Schon der erste Einsatz übertraf alle Erwartungen: „Nach zehn Minuten kam die nächste Dame … Am Ende des Tages waren 44 Personen da“, berichtet Ehrenamtliche Susanne Koch-Hennig im Podcast. Vorrangig Frauen im Rentenalter nutzten das Angebot, doch auch Passant*innen dankten spontan für die neue Sichtbarkeit von Trauer im Stadtbild.
Erfolg werde nicht in Zahlen gemessen, betont Kiel: „Wenn auch nur ein Mensch besser weggeht, als er gekommen ist, hat sich der Einsatz gelohnt.“ Finanziert wird das Projekt über Spenden; rund zehn Ehrenamtliche teilen sich die Dienste. Zwei Jahre lang soll die Trauerbank zunächst in Detmold bleiben – dann könnte sie, ganz im Sinne einer „wandernden Bank“, nach Bad Salzuflen oder Lemgo umziehen.
Detmold sendet damit ein Signal weit über die Stadtgrenzen hinaus: Trauer darf einen Platz im Alltag haben – mitten zwischen Latte Macchiato, Wochenmarkt und Altbaufassaden. Wer sich hinsetzt und zuhört, macht vielleicht den ersten Schritt, das Schweigen über den Tod zu brechen.